Diese Zeilen haben Sie rein theoretisch schon seit Wochen gelesen. Echt wahr. Der Grund dafür ist leicht erklärt: Im allgemeinen Weihnachtstrubel hatte ich mir doch tatsächlich in den Kopf gesetzt, einen richtig schönen Weihnachtsblog raus zu hauen. Mit Zuckerguß und ohne Peitsche. Einfach mal nett sein. Und fast ohne Lügen. Immerhin war es ein tolles Jahr und wenn es nach mir ginge, dürfte es auch ruhig so weitergehen. Wir hatten zudem eine feine Weihnachtsfeier in unserer Kölner Agentur, Jenny war ganz entspannt und die tägliche Dosis WHAM fühlte sich auch irgendwie richtig an. Dieses Wohlbefinden könnte man ja ruhig mal verbloggisieren, dachte ich mir. Aber alles kam anders. Wie immer.
[Ein Schwein rennt über die Bühne]
Ach ja. Das ist neu dieses Jahr. Es nennt sich „szenischer Blog“ – also bitte nicht verwirren lassen. Sie sahen in Ihrem Kopf gerade ein Schwein über eine Bühne rennen. Das macht man jetzt so, um Aufmerksamkeit zu binden. Das hilft uns allen. Weiter im Text.
Es gab da nämlich ein Weihnachtsevent der Extraklasse, das den ganzen Weihnachtszuckerguss in den Schatten stellte. Und darüber muss die Welt erfahren. Ein Imperativ der Weltgeschichte. Blut, Schweiß und Tränen, live in HD: Der ganze necom Haufen im Schumacher Kartcenter. 10 Minuten Qualifying gefolgt von 20 Minuten Rennen. Ein Hammer. Und wie Sie sich natürlich vorstellen können, würde ich nur sehr ungern darüber berichten, wie ich die gesamte Bande deklassierte und souverän den ersten Platz einfuhr. Glücklicherweise muss ich das auch nicht. Ich muss auch nicht darüber berichten, wie ich ganz Gentleman noch Franzi und Miss Völker an mir vorbeiziehen ließ, um nicht auf ihre Kosten mein Ego zu polieren. Denn das wäre schlichtweg gelogen. Ich hatte zwar den Plan dies zu tun, doch eine folgenschwere Fehleinschätzung meiner Massenbeschleunigung in einer doch recht engen Kurve nahm mir diese Entscheidung ab. Aber der Reihe nach.
Schon das Qualifying hatte es nämlich in sich. 10 Minuten freies Fahren auf dem Indoor-Kurs sind nicht halb so angenehm, wie man sich das gemeinhin vorstellt. Ein Grund dafür ist die doch recht schwergängige Lenkung der kleinen Höllenmaschinen. Ich bin zwar recht groß, aber seit jeher mit Mädchenarmen ausgestattet, so dass es bereits nach zwei Runden eine große Verlockung darstellt, in der nächsten Kurve einfach geradeaus zu fahren. Durch das Hallentor raus und dann einfach Richtung Horizont. Iris muss sich ähnliches gedacht haben, stieg sie doch nach einer Runde entrüstet über die fehlende Servolenkung einfach aus dem Rennen aus. Respekt. Ich wünschte, ich hätte diese Weitsicht besessen.
Das Wichtigste im Verlauf eines Rennens ist die strategische Einschätzung der eigenen Chancen. Hier hatte ich durch vorangegangene Events durchaus realistische Daten. Grunddevise: Wenn du schon nicht gewinnen kannst, versuch bei Verlieren wenigstens gut auszusehen. Wenn ich Jenny und Damla, die sich das Rennen von der Tribüne aus ansahen, trauen darf, ist mir dies recht gut gelungen. Was hingegen meine Chancen auf einen Sieg betraf, machte ich mir von Beginn an keine Illusionen. Schließlich war da Chefdenker Daniel „The Sting“ Cwiertnia – mit Nürburgring-Erfahrung und locker 40 Kilo weniger Gewicht. Glücklicherweise konnte ich mich selber auf dem kurzen Dienstweg davon überzeugen, dass es mir keinerlei strategischen Vorteil bringt, wenn ich mich aus Gründen der Gewichtsersparnis meiner Kleidung entledige. Aber immerhin war mir das ein Grinsen wert.
Dass ich nicht Erster werden konnte war mir also klar. Dass ich aber mit einen Haufen verbissener Todespiloten ein 20 Minuten Rennen fahren würde, hingegen nicht. Noch nicht. Die Überraschung darüber stand mir zwar relativ deutlich ins Gesicht geschrieben – wurde aber durch den Helm glücklicherweise verdeckt. Normalerweise laufen diese Rennen aus meiner Perspektive nämlich etwas anders. Dass ich in einer andere Gewichtsklasse fahre, ist dabei übrigens längst nicht mein einziges Handicap. Ich neige einfach nicht dazu, ein Fahrzeug im Grenzbereich in eine Kurve zu steuern. Dafür kann ich aber gleichzeitig eine Pizza essen, einen Kaffee trinken und mit Handy am Ohr durch einen Kreisverkehr fahren. Ich komme aus Bergheim. Das kann man nicht lernen. Das hat man.
Kaffee gab es übrigens an der Strecke nicht. Auch keinen Drive-in.
Es ist überdies auch nicht so, dass mir die spezielle Bergheim-Begabung im Rennen irgendwas geholfen hätte. Denn es vergingen nicht viele Runden, bis Daniel, David und später auch Georg, Basti, Tom und Tim anfingen, mich zu überrunden. Ich bitte zu entschuldigen, falls ich jemanden vergesse zu erwähnen. Es ging doch alles sehr schnell – obwohl ich jeden einzelnen Überholvorgang seltsamerweise in Slow-Motion erlebte. Aber das ist wohl so ein Schreiber-Ding. Ehrlich gesagt habe ich auch ab Minute 10 hauptamtlich versucht, nicht mehr im Weg zu stehen. Ich versuchte eher die Verbissenheit zu bewundern, mit der das Rennen an mir vorbeizog. Mein persönliches Highlight hier: Franzi. Die Gute lag nämlich im Qualifying noch hinter mir. Ich hatte allerdings nicht bedacht, dass Sie sich damit nicht zufrieden geben würde. Man konnte förmlich zusehen, wie sie das Kart Runde für Runde besser verstand, immer mehr ans Limit ging und sich regelrecht in die Strecke verbiss. Nach meinem zweiten Dreher zog sie dann an mir vorbei und war fortan absolut uneinholbar. Ähnlich wie Miss Völker.
Ich war raus.
Letzter zu sein, ist übrigens gar nicht so schlimm. Außerdem lernt man als Kreativwerker ja sehr nachhaltig mit Rückschlägen umzugehen. Und wenn man Letzter ist, hat man immerhin noch Ziele. In diesem Sinne: 2015 kann kommen.
Und das nächste Mal seid ihr fällig.
Echt ehrlich.
Autor: Daniel Schreiber