Es ist soweit! Aus einer sympathischen Werbeagentur aus Hürth bei Köln wird endlich eine stolze und ausgewachsene Werbeagentur aus Köln. Wir tauschen die Heimstatt im berühmtesten Medien-Kuhdorf westlich des Amazonas gegen einen gediegenen Altbau in der Weltstadt mit Hätz: Köllefornia. Das kann nur gut sein, will man meinen. Immerhin gehört Hürth ja bekanntermaßen zum Rhein Erft Kreis und das bringt auch die berühmt berüchtigten „BM“ Kennzeichen mit sich. Die Nähe zu den TV-Studios ist ebenfalls nicht nur von Vorteil. Wer mag schon mitansehen, wie allmorgendlich Scharen von stark geschminkten Scripted-Reality Darstellern, frustrierten Junior-Trainee-Realisatoren und Ex-Big-Brother Insassen von Günther Jauch mit seinem diabolischen Lachen von der Straßenbahn in die Studios gepeitscht werden?
Da ist Köln doch gleich viel schöner.
Worüber aber niemand nachgedacht hat, sind die psychischen Gefahren, die so ein Umzug mit sich bringt. Was macht die jähe Entwurzelung eigentlich mit der armen Werberseele? Immerhin ist es nicht ganz ungefährlich, wenn man diese Hochleistungsdenkmaschinen einfach so aus liebgewordenen Gewohnheiten herausbricht. Unabhängige amerikanische Studien haben erst jüngst Zusammenhänge zwischen Zwangsstörungen und irgendetwas ganz anderem herausgefunden. Da ist ganz, aber ganz schnell, Ende im Gelände. Wenn einem plötzlich der tägliche Stau auf der Luxemburger fehlt und aus dem Nichts die Tränen unter der Ray-Ban hervorkullern. Armes Regengesicht, mag man denken. Tut man aber nicht. Es geht ja in die City. Nach Köln.
Fragt man die necomer, worauf sie sich am neuen Standort freuen, wird die drohende Gefahr indes sehr deutlich. Denn das Raubtier ist bereits geweckt: Namentlich David, Georg und Tom bekunden ihre ausdrückliche Lust im neuen „Garten Eden“ in jeder Mittagpause Fleisch zu grillen. Wessen Fleisch sie dabei meinen, bleibt dem geneigten Leser verborgen. Allerdings freut sich Damla schlicht und einfach auf den schönen Garten – sie sei hiermit gewarnt. Dass Tom im übrigen gleich von mehreren der zahlreichen Balkone zum Volke sprechen möchte, gibt weiteren Anlass zur Sorge. Ist hier vielleicht schon eine Störung im Vollzug? Alle nicken.
Gut, dass es auch die Schöngeister unter den necomern gibt. Menschen wie Lena, die sich einfach am „Stuck an der Decke, Kassettentüren und wunderschönem Parkett“ erfreuen kann. Oder Jürgen, der sich auf kreative Pausenspaziergänge am nahegelegenen Rhein freut. Da will man doch in die Hände klatschen vor Freude. Schön, dass es noch soviel Unschuld gibt. Denn wenn Tim von „Besprechungen bei Feuer im Kaminzimmer“ schreibt, sehe ich ganz zwangsläufig die Blofeld´sche Katze in seinem Arm, Pläne schmiedend, wie er die Weltherrschaft an sich reißt. Eine Welt, in der kein Platz mehr sein wird für Patrick. Denn der freut sich einfach nur auf „das Licht“. Was immer das heißen mag.
Doch lasst uns eins nicht vergessen: Dieser Umzug ist auch das sichere Todesurteil für ein kleines Weltdorf mit Herz. Ein den Urgewalten der rheinischen Tiefebene abgerungenes Stück goldenes Land mit Straßenbahnanschluß. Hürth wird nicht mehr das gleiche sein ohne uns. Man ahnt bereits, wie Tumbleweeds über die Lux wehen, wenn wir nicht mehr da sind. Wie ein verblassender Stern wird dieses Hürth ganz langsam in sich sich zusammensinken, um dann ganz allmählich unter der eigenen Gravitation zu einem schwarzen Loch zu kollabieren. Also irgendwie wie vorher. Nur mit ohne Licht. Was noch immer nicht die Sache mit Patrick erklärt. Aber was tut das schon?
Leinen los.
Autor: Daniel Schreiber